Bremsgeräusche sind ein schwer fassbares Problem, das der Industrie seit dem Wegfall von Asbestmaterialien vor Jahrzehnten zu schaffen macht. Bis dahin waren Bremsgeräusche praktisch kein Problem. Ein Spezialist für Reibmaterialien erklärte dies mit der Tatsache, dass Asbest hygroskopisch ist, d.h. es zieht die Wassermoleküle an. Bei seiner Anwendung in Bremsen glaubt man, dass die im Asbest enthaltene Feuchtigkeit die Oberflächen während des Verdampfungsprozesses kühler hält und die aufeinander reibenden Flächen schmiert. Jedoch müssen die mit Bremsen und Reibmaterialien tätigen Menschen in einer sicheren Umgebung arbeiten und dürfen nicht der Gefahr ausgesetzt sein, Asbestteilchen einzuatmen.
Geräusche werden durch Schwingungen verursacht. Bei Einsatzfällen mit trockener Reibung reiben sich Flächen aneinander: der Bremsbelag und die aus Gusseisen bestehende Bremsscheibe. Die daraus entstehenden Schwingungen können zu Schwingungen mit Frequenzen unterhalb oder oberhalb der Hörschwelle des menschlichen Ohrs führen. Sie sind aber nur dann störend, wenn sie im Hörbereich des menschlichen Ohrs liegen. Ein Professor der University of Maine hat die Art der Reibung einer Scheibenbremse mit einer Geige verglichen. Wenn der Spieler den Bogen über die Saiten führt, schwingt beides, aber die Saite ist so ausgelegt, dass sie mit einer bestimmten hörbaren Frequenz schwingt. Der Klang wird dann vom Geigenboden verstärkt.
Bei einer Bremse können durch die Schwingungsquellen und die entsprechenden Umgebungsbedingungen hörbare Geräusche entstehen und durch die Bremsscheibe verstärkt werden.
Montalvo hat über die Jahre viel Zeit und Arbeit für die Erforschung der Ursachen von Bremsgeräuschen und für das Auffinden entsprechender Lösungen aufgewendet. Es gibt zwei Wege zur Lösung dieses Problems: (1) Die Vermeidung der Schwingungen, die die hörbaren Geräusche verursachen und/oder (2) die Zulassung eines bestimmten Schwingungsniveaus im System mit dem Versuch, dieses so zu dämpfen, dass die Schwingungen nicht mehr vom menschlichen Ohr wahrgenommen werden. Dämpfungsmaßnahmen können praktisch an jedem Bauteil des Bremssystems und innerhalb des Reibmaterials selbst vorgenommen werden. Die Dämpfungseigenschaften des Bremsbelags werden jedoch durch die Betriebsbedingungen und die Umgebungsverhältnisse beeinflusst. Die praktische Möglichkeit solcher Dämpfungsverfahren muss jeweils untersucht werden.
Wir haben von Kunden gehört, dass sie das Geräuschproblem an den Bremsen mit „WD-40” und „Coca-Cola” oder auch mit Putzlappen zwischen den Scheiben gelöst haben. Dies sind jedoch nur temporäre Lösungen und sie können auch gefährlich sein, da „WD-40” entflammbar ist und die Lappen sich in der Bremse verfangen können. Sie erschweren aber auch die Diagnose, da man mit solchen Notmaßnahmen auch das System, das wir verbessern möchten, verändert.
Normalerweise kommt das Geräusch von den Bremsbeläge. Jedoch gibt es noch viele andere Elemente, die zu den Geräuschen beitragen, und man muss daher das gesamte Bremssystem, die Umgebungsverhältnisse und die nächstliegenden Maschinenbauteile untersuchen. Wenn z.B. die Bremsgeräusche in der verarbeitenden Industrie für Papier und Verpackungsmaterialien auftreten, muss man berücksichtigen, dass dort die Bremsen mit einem andauernden Schlupf laufen und nicht, wie Fahrzeugbremsen, in einem Start/Stoppbetrieb. Die Bremsen befinden sich auch in einem in sich geschlossenen industriellen Umfeld, wo die Menschen Lärm ausgesetzt sind. Daher ist dies ein sehr emotionelles Thema, an das man gewissenhaft und mit der nötigen Vorsicht und Sorgfalt herangehen muss.
Jeder Einsatzfall ist anders und kann nur durch sorgfältige Analyse und Versuche gelöst werden. Nochmals, es handelt sich um ein schwer fassbares Problem. Eine Anlage kann zum Beispiel mehrere Jahre laufen und dann treten plötzlich Geräusche auf. Einige Kunden haben die Quietschgeräusche nur im Winter und andere können die Geräusche praktisch nicht loswerden, gleich was sie machen. Zur Störungssuche müssen wir so viel Informationen wie möglich haben. Wir konnten bisher in fast allen Fällen, mit nur wenigen Ausnahmen, das Problem lösen, aber man muss doch einige Geduld haben.
Abrieb des Bremsbelagmaterials
Es ist unvermeidlich, dass bei einer trockenen Reibung Staub erzeugt wird, der sich um die Bremsbeläge herum auf der Bremsenabdeckung und auch auf den Bremsmodulen ablagert. Ein übermäßiger Belag kann die Geräuschentwicklung fördern, insbesondere dann, wenn sich der Staub um die Reibflächen der Bremsbeläge und Bremsscheiben ablagert. Der Abrieb besitzt dann nicht mehr die Eigenschaften des ursprünglichen Bremsbelagmaterials, was zu hörbaren Schwingungen, ähnlich wie durch Steinchen oder Sand bei Ihren Fahrzeugbremsen, führen kann. Der Belag muss daher mit einem feuchten Tuch, einem Staubsauger oder mit Druckluft entfernt werden.
Glasur
Eine Glasur ist eine harte, glasartige Schicht auf dem Bremsbelag. Es gibt praktisch zwei Arten von Glasuren. Die erste ist ‚mechanisch’ und entsteht normalerweise bei niedrigen Temperaturen und Betriebsdrücken. Die zweite ist ‚thermisch‘ und eine Folge sehr hoher Betriebstemperaturen über 175°C (350°F).
Die thermische Glasur ist weitaus schädlicher. Hier kommt infolge der übermäßigen Temperatur der Harzanteil des Bremsbelags an die Oberfläche und der Bremsbelag ‚kocht‘. Wenn sich der Bremsbelag dann wieder abkühlt, bilden sich auf seiner Oberfläche Kristalle, und die Eigenschaften des Bremsbelags werden verändert. Der Bremsbelag dann sehr hart, wenn die Temperatur der Bremse für eine längere Zeit auf ca. 200°C (400°F) ansteigt. Die Temperatur der Bremsscheiben sollte daher niemals 175°C (350°F) überschreiten. Wenn der Bremsbelag nicht für eine längere Zeit solch hohen Temperaturen ausgesetzt wird, ändert sich praktisch nur seine Oberfläche. Nach dem Abkühlen des Bremsbelags kann man dann die Glasur auf seiner Oberfläche mit einem groben Sandpapier oder Schmirgelleinen mit kreisförmigen Bewegungen entfernen. Wurde die Glasur durch Überhitzung verursacht, überprüfen Sie bitte gemeinsam mit einem Anwendungsspezialisten in der Betriebsanleitung die Größenauslegung der Bremse.
Eine mechanische Glasurbildung kann man mit dem Polieren einer Oberfläche mit einem milden Scheuermittel vergleichen. Sie erfolgt normalerweise bei einem Druck auf dem Kolben von unter 1,5 bar (20 psi) und einer Temperatur unter 65°C (150°F). Der Bremsbelag ist in diesem Fall nicht ausreichend belastet. Schalten Sie hier eine Anzahl Kolben ab und erhöhen den Luftdruck an den verbleibenden Kolben (wenn Sie ein geschlossenes Regelsystem haben). Schalten Sie nur so viel Kolben ab, wie nötig. Jeder verbleibende Bremsbelag wird dadurch stärker belastet, da die gesamte Last auf weniger Kolben konzentriert ist. Kontrollieren Sie aber, ob nicht alle Kolben für Notbremsungen oder andere plötzlich auftretende Gründe benötigt werden. Stellen Sie auch sicher, dass die Bediener informiert sind und bei anderen Anwendungen, die eine höhere Bremskraft erfordern, die Kolben wieder zuschalten. Wenn das Bremsgeräusch nach einer gewissen Betriebszeit nicht aufgehört hat, entfernen Sie die Bremsbeläge nach dem Abkühlen der Bremse und reinigen sie mit einem groben Sandpapier oder Schmirgelleinen mit kreisförmigen Bewegungen. Wenn das Geräusch beim Betrieb mit weniger Kolben beseitigt wurde, müssen Sie die Bremsbeläge mindestens einmal pro Woche wechselnd belasten, um einen gleichmäßigen Bremsbelagverschleiß zu haben.
Oberfläche der Bremsscheiben
Das Bremsbelagmaterial glasiert nicht nur auf seiner Oberfläche sondern es entstehen auch Ablagerungen auf der Oberfläche der Bremsscheiben. Auf der Bremsscheibe vorhandenes Fremdmaterial kann das Geräuschproblem noch verschlimmern. Hiermit sollte man nach dem Ausbau der Bremsbeläge beginnen. Dies stellt sicher, dass Sie sich vorerst nur mit dem Bremsbelagmaterial und den Bremsscheiben beschäftigen, und nicht mit anderen Faktoren. Es ist auch wichtig, beim Einsatz neuer Bremsbeläge stets auch die Bremsscheiben zu reinigen. Jedes Bremsbelagmaterial ist anders und Rückstände der alten Bremsbeläge können das Verhalten der neuen Bremsbeläge beeinflussen. Manchmal reicht es schon aus, die Bremsoberflächen zu reinigen, um die Bremsgeräusche zu beseitigen oder zumindest zu verringern.
Reiben Sie nach dem Abkühlen der Bremse die Rotorvorderseite mit feinem Sandpapier oder besser mit Schmirgelleinen bei sich langsam drehender Scheibe kreisförmig ab. Wischen Sie nach jeder Umdrehung die Oberfläche mit einem sauberen Tuch ab. Sie werden feststellen, dass das Tuch schmutzig wird. Wiederholen Sie daher, wenn möglich, den Vorgang solange, bis auf dem Tuch keine sichtbare Verschmutzung mehr vorhanden sind. Wir empfehlen eine letzte Reinigung mit Alkohol oder Azeton.
Ausrichtung und Befestigung
Die Bremse muss auf jeden Fall exakt ausgerichtet sein. Bitte beachten Sie die entsprechenden Anweisungen in der Montalvo Einbauanleitung. Wenn eine Bremse nicht genau mit der Welle fluchtet, entstehen Schwingungen, die zu Geräuschen führen können. Kontrollieren Sie auch, dass alle Verbindungen fest angezogen sind und der Maschinenrahmen die erforderliche Steifigkeit besitzt. Auch die geringste Verformung oder lockere Bauteile können zu einer Unwucht während des Betriebs führen und die Schwingungen verstärken, was auch zu Schäden an den Bauteilen führen kann.
Maschinenbauteile
Es gibt viele Beispiele, wo man die Schwingungen auf andere Maschinenbauteile zurückführen konnte, die letztendlich zu Geräuschen an der Bremse führten. Wenn dies tatsächlich der Fall ist, muss der Maschinenhersteller informiert werden. Nicht fluchtende Wellen, lose Wellenbunde, lose oder defekte Lager oder andere verschlissene Bauteile können die Ursache von Schwingungen sein. Ebenso können Schwingungen durch falsche Benutzung oder Schäden entstehen.
Bremsengröße und Gebläseabdeckungen
Mehrbereichsbremsen sind für die Verwendung bei einem großen Bereich von Einsatzfällen ausgelegt. Ist aber eine Bremse erheblich überdimensioniert, kann sie beim Betrieb so kühl sein, dass die Bremsbeläge niemals ihre normale Betriebstemperatur von mindestens 65 bis 92°C (150-200°F) erreichen. Es ist bekannt, dass bei Kaltstart-Temperaturen Quietschgeräusche auftreten können. Obwohl es nicht immer sinnvoll sein kann, die Bremsengröße zu ändern, gibt dies doch schon mal einen Hinweis für eine Diagnose. Hat die Bremse ein Kühlgebläse, kann man dies während des Betriebs einmal abschalten. Manchmal verringert sich das Quietschen oder es verschwindet nach dem Erhöhen der Bremstemperatur gänzlich.
Bremsbelagauswahl
Die Bremsbeläge werden normalerweise je nach den speziellen Einsatzfällen ausgelegt. Es gibt keinen Bremsbelag, der für jeden Einsatzfall geeignet ist, da stets bestimmte Parameter berücksichtigt werden müssen, wie Betriebstemperatur, Beanspruchung und Verschleißfestigkeit. Aufgrund der begrenzten Materialauswahl bei der Herstellung der Bremsbeläge ist man oft zu Kompromissen zwischen deren Eigenschaften gezwungen und kann nicht immer alles optimieren. So läuft zum Beispiel ein Bremsbelag bei einer bestimmten Anwendung wesentlich leiser, verschleißt aber schneller. Manches Mal muss man solche Kompromisse akzeptieren. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass Bremsbeläge mit hohem Reibungskoeffizienten und geringem Verschleiß am ehesten hörbare Geräusche entwickeln, da sie nicht die geräuschdämpfenden Eigenschaften wie Bremsbeläge mit niedrigerem Reibungskoeffizienten haben.
Vergangene Tests haben aufgezeigt, dass ein Einbau von Bremsbelägen mit unterschiedlichen Reibungskoeffizienten in der gleichen Bremse deren Geräuschentwicklung verringern kann.
Bremsbeläge und andere Bremsenbauteile
Alle Bestandteile der Bremse müssen Originalteile sein. Da das Bremsbelagmaterial mit den anderen Teilen der Bremse ein Systems bildet, kann man die Bremsleistung nur bei der Verwendung von Originalteilen garantieren. Der Einsatz von Originalteilen erleichtert auch die Störungssuche und das Auffinden von Lösungen zu deren Beseitigung.
Bremsbelagdämpfung
Eine Möglichkeit zur Verringerung von Quietschgeräuschen ist die Verwendung einer speziellen heiß- oder kalt verklebten, geräuschdämpfenden Schicht auf der Rückseite des Bremsbelags. Solche Schichten bestehen größtenteils aus mehrlagigem Gummi, Stahl, Glasfaser und Klebstoff.
Anti-Quietsch-Verbundstoffe oder Unterlegscheiben sind für Bremseneinsatzfälle, bei denen eine Schwingungs- und Geräuschisolierung vorhanden sein muss, eine ausgezeichnete Lösung. Mit Beilagscheiben ändert man die von der Bremse oder angeschlossenen mechanischen Bauteilen kommende Frequenz des Geräuschs. Sie können entweder das Problem lösen oder gemeinsam mit anderen Maßnahmen zur Dämpfung des Quietschens führen.
Mit einer richtigen Größenauslegung und Wartung können die meisten Geräuschprobleme vermieden werden. Nur nach einer sorgfältigen Untersuchung und Analyse kann man die Ursachen von Geräuschen im Hörbereich feststellen und entsprechenden Korrekturmaßnahmen durchführen.
© Montalvo – Dieses urheberrechtlich geschützte Material kann in Teilen oder komplett unter der Voraussetzung benutzt werden, dass als Quelle © www.montalvo.com angegeben wird